Interview Arbeits­psychologie

„Egal was du im Arbeitsschutz machst, das Psychologische muss dabei sein.“ Das sagt Jonas Keppeler, Bachelor of Science Psychologie mit Master of Arbeitspsychologie und Organisationspsychologie, Industriemechaniker und Fachkraft für Arbeitssicherheit. Zusammen mit Geschäftsführer Christoph Finkel ist er Gründer der FinLers GmbH und dort DIE Instanz für mentale Gesundheit in Unternehmen. „Der Sinn dafür“, setzt er nach, „geht heute leider vielerorts verloren, obwohl der Bedarf an psychologischer Fürsorge für Mitarbeitende wächst.“ Die Statistiken würden belegen, dass die meisten Firmen die Relevanz nicht sehen. Und das in einer Zeit voller schwieriger Phasen für Mitarbeitende, wie neue Technologien, Marktveränderungen und die Digitalisierung sie mit sich bringen.

Faszination Arbeitspsychologie

Was hat Dich selbst am Thema Psychologie bzw. Arbeitspsychologie beeindruckt?

„Dass das Thema eine solche Breite hat. Vieles hat man nicht auf dem Schirm, wenn es nicht gelernt wurde. Es gibt unter anderem viele Wahrnehmungsverzerrungen. Jeder Mensch unterliegt ihnen. Beispiel: Ist irgendetwas erst jüngst passiert, wird es für viel wahrscheinlicher gehalten, als es in Wirklichkeit ist. Oder der sogenannte Ankereffekt: Eine Nachricht, ein Ereignis, eine Bemerkung und schon kann ein innerer Maßstab entstehen, an dem alles gemessen wird. Ist die Tochter ein Jahr im Ausland und schreibt, wie schlecht es ihr gerade geht, wird von den Eltern der gesamte Aufenthalt durch diese Brille betrachtet.“  

Der persönliche Antrieb:

Was hat dich darin bestärkt, auch mit dem Bereich Psychologie mit deiner Arbeit zum Wohl von Mitarbeiter:innen beizutragen?

„Während meiner Lehre zum Industriemechaniker habe ich erlebt und erkannt, dass das Thema mentale Gesundheit in Unternehmen nicht gelebt wird. Das hat mich so geärgert. Warum sind Menschen unkollegial, warum gibt es all diese Kommunikationsschwierigkeiten? Mir war klar: Um Antworten zu finden und was zu ändern, musst Du Dinge wissen und können. Mein erster Schritt damals war die Ausbildung zur Fachkraft für Arbeitssicherheit.“

Der Handlungsbedarf:

Welchen Handlungsbedarf nimmst Du im Zuge Deiner allgemeinen Arbeitsschutzeinsätze wahr?

„Bestimmte Beschäftigte sind unzufrieden. Manche brauchen eigentlich konkret Hilfe. Oft besteht ein Bedarf an Kommunikationsanpassungen. Auch Anpassungen der Unternehmenskultur. Ein Indikator ist, wenn schlecht über das Unternehmen gesprochen wird. In diesem Bereich lässt sich schnell etwas zum Guten hinwenden. Allein schon positive Reaktionen gegenüber Mitarbeitenden verändern das Gefühl für die Arbeitskultur im Unternehmen.“ 

Geschäftsführung und Arbeitspsychologe Jonas Keppeler lächelt freundlich in die Kamera.

Der Impact:

Als wie wichtig stufst du das Arbeiten ohne starke psychische Belastungen ein – für Mitarbeitende und für das Unternehmen?

„Enorm wichtig. Und das in jeder Hinsicht. Wenn es Probleme gibt wie Fehlzeiten, Unfälle, schlechte Arbeitsergebnisse, Unmut und destruktives Arbeitsklima geht das zu 80 % auf psychische Themen zurück. Durch die Arbeitsschutzbrille betrachtet muss man sagen: Unsicherheiten, mangelnde Konzentration, Probleme beruflich oder privat, aber auch Überforderung und Übermüdung begünstigen Unfälle. Technische Arbeitssicherheit ist heute weit entwickelt. Die Anleitungen zu sicherem Arbeiten – z. B. in Form von Unterweisungen – werden vom Arbeitsschutzgesetz genau vorgeschrieben. Für die Umsetzung ist man personell entsprechend aufgestellt oder / und lässt sich von Unternehmen wie uns unterstützen. Umso bedeutender im Arbeitsschutz ist heute die Psyche des Menschen. Da ist Initiative im Unternehmen gefragt.“

Tipps zur Vorbeugung:

Hättest du Tipps, wie man psychischen Belastungen am Arbeitsplatz vorbeugt?

„Grundsätzlich sollte man unterscheiden zwischen Tipps und Maßnahmen für Geschäftsführer, Führungskräfte und Beschäftigte. Das Wichtigste ist die Entscheidung, psychische Gesundheit zum Wohl aller und des Unternehmens anzupacken. Dann ist es entscheidend dranzubleiben. Also Ergebnisse aus der psychischen Gefährdungsanalyse umzusetzen und die ganze Entwicklung zu tracken. Viele Unternehmen wissen gar nicht, was sie individuell brauchen und wie sich getroffene Maßnahmen entwickeln.“

Die Toleranzgrenze:

Bis zu welchem Maß sind psychische Belastungen am Arbeitsplatz akzeptabel? Gibt es eine Art Skala?

„Jeder Mensch ist individuell. Wir fragen konkret nach Belastungen. Da geht es nicht einfach nur um Stress. Stress ist ein Schutzmechanismus. Er mobilisiert den Körper. Allerdings: Nur wenn man Stress abbauen kann, ist er ungefährlich. Andernfalls ist das Risiko der psychischen Gefährdung hoch. Negative Stressbelastungen beanspruchen Menschen erheblich. Deswegen ist es zum Beispiel wichtig, dass man Menschen nicht nur fordert, sondern auch entsprechend fördert.“

Gründe für das stille Leiden:

Warum leben Mitarbeitende mit starken Belastungen über lange Zeiträume hinweg?

„Gewohnheit, Verlustängste, Scham. Viele befürchten stigmatisiert zu werden. Oft bildet die Unternehmenskultur gar nicht den sicheren Boden, um mit einem psychischen Belastungsproblem hervorzutreten.

Die Unternehmenskultur ist in vielen Bereichen entscheidend, wie z. B. für den Umgang mit Fehlern, für das Maß an Solidarität und nicht zuletzt für die Qualität der Leistungen.

Es kann auch sein, je nach Art einer psychischen Belastung, dass sie nicht vom Betroffenen wahrgenommen wird. In der immer komplexer werdenden Arbeitswelt fallen psychische Belastungen weniger auf, weil sie als natürlich empfunden werden. Viele Menschen bringen psychische Belastungen mit zur Arbeit.“

Typische Belastungsmerkmale:

Welche Anzeichen für psychische Belastungen oder psychische Probleme gibt es?

„Ein häufiger Indikator für psychische Belastungen am Arbeitsplatz ist die steigende Fehlerquote wie auch das Auftreten schwerer Fehler. Es gibt auch kleine Anzeichen, die man leicht übersieht oder falsch interpretiert. Ablesen, dass jemand am Limit ist oder schon drüber, kann man beispielsweise an E-Mails ohne Satzzeichen. Ich höre auch viel aus Randbemerkungen und Gesprächen im Zuge von Arbeitsschutzeinsätzen heraus.“

Jonas Keppeler Geschäftsführer der FinLers GmbH steht lächelnd an einem weißen Auto mit FinLers Logo. Thema Arbeitspsychologie im Fokus.

FinLers Support:

Welche Leistungen bietet FinLers an im Bereich mentale Gesundheit?

„Wir machen Mitarbeiterumfragen, Stimmungschecks, Kultur-Checks.  Die Inhalte dazu stimmen wir grundsätzlich vorher inhaltlich mit den Kunden ab. Bei Auffälligkeiten schlagen wir die Durchführung einer psychischen Gefährdungsbeurteilung vor. Auch außerhalb der gesetzlich vorgegebenen Quote von einer Durchführung pro Jahr. Daraus werden entsprechende Maßnahmenvorschläge abgeleitet.

Tritt ein gravierender Einzelfall zutage, suchen wir das direkte Gespräch mit dieser Person. Erst wenn das keine Ansatzpunkte für die Linderung der Situation bringt, wenden wir uns an die Führungskraft. Wir widmen uns Einzelfällen, aber wir konzentrieren uns nicht drauf. Damit wäre immer nur einem geholfen und nicht allen. Einzelfälle sind oft gute Indikatoren auf grundlegende Optimierungsmöglichkeiten im Unternehmen. Individuelle Hilfe in Form von Sofortberatung, psychologischer Beratung und Facharztvermittlung bieten sich den Beschäftigten von Unternehmen, die den externen, anonymen Psychologie- und Facharztservice FinLers-doQ gebucht haben.“   

Unsere Expertise und Einstellung zum Thema Arbeitspsychologie spricht Sie an?

Bitte melden Sie sich! Wir erstellen gerne einen individuellen Fahrplan, wie wir das Thema mit Ihnen für Ihre Beschäftigten und Ihr Unternehmen anpacken! 

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